Bericht über einen Schüleraustausch in Frankreich

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von Julia Lange

Ich heiße Julia, bin 16 Jahre alt und habe bei einem Frankreichaustausch mitgemacht. Nachdem in diesem Jahr von April bis Juli mein Austauschpartner Amaury bei mir war, war ich von September bis Dezember für drei Monate bei ihm und seiner Familie in Frankreich. Genauer gesagt: In Narbonne, einer Stadt tief im Süden.

Ich bin mit dem Zug dorthin gefahren und meine Mutter hat mich den größten Teil der Strecke über begleitet. Am Samstagabend hat mich die ganze Familie am Bahnhof in Narbonne abgeholt: Die Eltern, Amaury und seine beiden 10-jährigen Brüder (die Katze Yoda hat aber im Haus gewartet).

In meinem neuen Zuhause angekommen habe ich mich erstmal in meinem Zimmer ein bisschen eingerichtet, dann haben wir zu Abend gegessen und uns unterhalten.

Am Sonntag gab es dann direkt schon eine kleine Unternehmung und wir sind an den nahegelegenen Strand gefahren, um dort spazieren zu gehen.

Am Montag ging dann für mich auch schon die Schule los, die ja ganz anders als bei mir in Deutschland ist: Der Schultag endet im Normalfall erst um 18 Uhr, eine Schulstunde dauert 55 Minuten (und nicht 45, wie ich es gewohnt bin). Auch die Pausen sind weniger und kürzer; es gibt neben der Mittagspause nur zwei Zehn-Minuten-Pausen – die Fünf-Minuten-Pausen werden vor allem dafür genutzt, möglichst schnell die Klassenräume zu wechseln, da jedes Fach in einem anderen Raum stattfindet. Das war auf jeden Fall eine ganz schöne Umstellung!

Die ersten Tage in der Schule waren ehrlicherweise ziemlich lang und anstrengend. Ich habe Vieles nicht verstanden, die Lehrer reden schnell und ohne Pausen und konnten ja auch nicht so stark Rücksicht auf mich nehmen. Außerdem gibt es einen Punkt, an den ich mich auch bis zum Ende meines Aufenthaltes nur so halb gewöhnt habe: das Diktieren. In Deutschland schreiben die Lehrer sehr viele Dinge an die Tafeln – in Frankreich, oder zumindest an meinem Gymnasium, gar nicht, fast jeder Lehrer hat oft Dinge diktiert, teilweise ein, zwei Seiten am Stück. Selbst die Franzosen kamen nicht immer hinterher, da war das für mich natürlich nochmal extra schwer. Meistens habe ich dann von Amaury, mit dem ich immer zusammen in einer Klasse war, seine Aufzeichnungen bekommen, und diese dann abgeschrieben.

Aber abgesehen davon habe ich mich ganz gut in die Schule integrieren können, würde ich sagen. Das lag aber nicht zuletzt auch an Amaurys Freunden, die alle super nett sind. Diese sind oft auf mich zugekommen, haben einfach mit mir geredet, Freistunden mit mir verbracht oder beispielsweise in den Mittagspausen mit mir gegessen.

Unter diesen Freunden habe ich also wirklich auch Freunde fürs Leben gefunden, von denen der Abschied am letzten Schultag schon schwer gefallen ist. Wir haben aber Nummern ausgetauscht!

Generell gibt es eine Sache, die extrem positiv ist und die ich jedem, der nach meinem Aufenthalt fragt, erzähle: Wirklich jeder in Frankreich war mega nett. Ob die Familie, die Freunde oder selbst die Lehrer und alle, die in der Schule gearbeitet haben: Ich habe mich immer wohl gefühlt.

Mit meiner Gastfamilie habe ich viele Dinge unternommen. Oft sind wir am Wochenende beispielsweise rausgefahren und spazieren gegangen, auch hat mir die Familie verschiedene Städte und Burgen gezeigt. Des Weiteren haben wir öfters samstagabends zusammen einen Film geguckt, mal mit den beiden Kleinen, mal ohne.

In den zwei Wochen Herbstferien sind wir dann die Großeltern von Amaury besuchen gefahren. Diese leben in Toulouse.

Am zweiten Tag dort haben wir etwas unternommen, was definitiv eines meiner Highlights (wenn nicht sogar DAS Highlight) in Frankreich war: Wir haben die „Halle de la machine“ besucht. Diese befindet sich mitten in Toulouse und ist eine sehr große Halle, in der man riesengroße

„Maschinen“ findet, die aus Holz und Metall gebaut sind. Bei unserem Besuch waren der 14 Meter hohe Minotaur und zwei Spinnen dort, die, wenn sie sich aufrichten, 20 Meter hoch werden können. Ich war wirklich sprachlos. Besonders der Minotaur ist unfassbar detailreich, er bewegt Hände, Arme, den Kopf; er brüllt, bewegt zum Atmen seine Rippen und spuckt Wasser. Wir sind sogar eine Runde mit ihm gefahren, was auch sehr beeindruckend war – und nicht nur in meinem Kopf habe ich diese Erinnerungen gespeichert, sondern auch als Souvenirs habe ich Postkarten, ein Poster und, von der Mutter als Geschenk, eine Tasche mit nach Hause genommen.

Auch den nächsten Tag haben wir komplett in Toulouse verbracht und am darauffolgenden sind wir mit den Großeltern weiter in die Pyrenäen in deren Ferienhaus gefahren. Dort bin ich mit der Familie zum ersten Mal „in der Natur“ geklettert, was ziemlich viel Spaß gemacht hat, aber auch recht anstrengend war.

Außerdem haben wir dort ein Schloss besichtigt und hatten in „Le gouffre d’esparros“, einer historischen Stätte, eine Führung.

 

Nach den Ferien hatten wir nur vier Tage Schule, als es dann direkt ein verlängertes Wochenende gab, an dem wir auch etwas Großes unternommen haben: Nur zweieinhalb Stunden Autofahrt hat es gedauert, bis wir in Spanien in der Stadt Barcelona angekommen waren! Die knapp drei Tage dort waren eine spannende Erfahrung. Wir sind mitten in der Stadt spazieren gegangen, haben ein Museum besucht und natürlich auch lecker gegessen. Außerdem haben wir zwei Werke von Antoni Gaudi angeschaut, einmal den „Park Güell“ und „La Perdrera“.

An meinem letzten Wochenende sind wir am Sonntag auch nochmal nach Spanien gefahren, diesmal aber nicht ganz so weit, sondern wir haben die griechisch-römischen Ruinen von ,,Empúries“ angeschaut.

 

Natürlich habe ich durch diese drei Monate in Frankreich Fortschritte in der Sprache gemacht. Auch vorher schon habe ich Französisch geliebt und sehr gerne diese Sprache gesprochen, aber der Austausch hat mir definitiv geholfen, flüssiger und sicherer im Sprechen zu werden.

Mit der Mutter zum Beispiel habe ich abends manchmal ein bisschen „Grammatikunterricht“ gemacht, ich hatte öfters Fragen, und dann hat sie mir das erklärt. Das hat immer sehr viel Spaß gemacht, wir haben viel gelacht und ich habe etwas dazugelernt. Auch sonst habe ich mich in der Familie ja sehr wohlgefühlt und wir haben oft zusammen gelacht, besonders abends, wenn wir zusammen gegessen haben. Ich konnte in der Regel die Gespräche und Witze ziemlich gut verstehen, und wenn nicht, haben sie mir eben schnell nochmal das eine oder andere Wort erklärt.

Außerdem haben sie eine Sache für mich gemacht, die wirklich mega lieb ist: Da mein Hobby das Klavierspielen ist, haben sie mir für die drei Monate ein Leihpiano in mein Zimmer gestellt. Und ich hatte sogar die Möglichkeit, einmal die Woche auf einem echten Klavier zu spielen: Da Amaury Trompete spielt und auch Unterricht nimmt, ist er einmal die Woche in einem Konservatorium gewesen, wo ich mitkommen konnte und während seines Unterricht für die halbe Stunde einen eigenen Raum hatte, zeitweise sogar mit einem Flügel!

 

Zu kulturellen Unterschieden zwischen Frankreich und Deutschland fällt mir als allererstes das Essen ein. Aber nicht so, wie man es als „Klischee“ gegenüber Frankreich oft denkt: Schnecken oder Frösche kamen bei meiner Familie auf hundert Meilen nicht auf den Tisch! Aber während es bei mir in Deutschland immer „nur“ ein Essen gibt, also den Hauptgang, und ganz selten auch mal einen Nachtisch, gibt es in Frankreich IMMER Vorspeise, Hauptgang und Dessert – sowohl in meiner Gastfamilie, als auch in der Schulkantine.

Ein weiterer Unterschied ist, ich gehe jetzt aber nur auf „meine beiden Familien“ ein, die Adventszeit. Hier in Deutschland ist ein SEHR großer Bestandteil der Vorweihnachtszeit Plätzchen zu backen und zu essen, bzw. Lebkuchen und Pfeffernüsse und Marzipankartoffeln und was es sonst noch alles gibt zu essen, wohingegen die Familie in Frankreich sehr vieles davon noch nicht mal mehr KANNTE. Das hat mich echt erstaunt! Als ich von meinen Eltern ein Päckchen mit verschiedenen Leckereien geschickt bekam, habe ich diese dann vorgestellt und geteilt – zu meiner Freude fand meine französische Familie den Großteil davon lecker.

 

Tatsächlich gibt es eine Sache, die mir in nicht ganz so guter Erinnerung geblieben ist: Zwischenzeitlich hatte ich, manchmal auch ziemlich doll, Heimweh. Nach meiner Familie, meinen Freunden – kurzum, nach „zu Hause“. Aber auch diese Phasen konnte ich überstehen, weil es mir geholfen hat, mit meinen Eltern zu telefonieren, und zum Beispiel auch die Gastmutter mir immer einen Tee gemacht hat, wenn ich einen brauchte.

 

Und so komme ich für mich zu dem Schluss, dass ich diesen Austausch wohl wieder machen würde. Ich habe einfach unfassbar Vieles gesehen, erlebt, gelernt, diese tolle Sprache beinahe 24/7 gesprochen, habe Freunde gefunden und eine Familie, die mir gesagt hat, dass ich wiederkommen darf – ein Angebot, welches ich wahrscheinlich in irgendwelchen Ferien annehmen werde.

 

 

 

Auf das Brigitte-Sauzay-Programm sind wir durch unsere Internetrecherche aufmerksam geworden und auch eine Lehrerin meiner Schule hat es mir empfohlen.