Die neue staatliche Ordnung brachte auch für den Schulbereich demokratische Reformen: So wurde ein "Vertrauensausschuß der Lehrer" eingerichtet, und für 18 Monate gab es sogar eine "Schulgemeinde" genannte Vertretung der Schülerinnen sowie gewählte Klassenvertreterinnen. Die von der neuen, demokratischen Regierung in Berlin vorangetriebene Reform wurde jedoch an unserer Schule wie allgemein kaum umgesetzt, und, da die Einrichtung der Schulgemeinde mit qualifizierter Mehrheit abgelehnt werden konnte, bald abgeschafft. Dennoch wurde jetzt statt des Sedanstages der Tag der Weimarer Reichsverfassung feierlich in der Aula begangen. Zu den Reformen gehörte es auch, dass eine für alle verbindliche gemeinsame Grundschule "Volksschule" eingeführt wurde. Das hieß für unsere Anstalt, dass ihr die ersten vier Klassen verloren gingen. Bis 1922 war die Zahl der Schülerinnen dennoch auf 600 gestiegen. Auch neue Methoden hielten Einzug: Behördlicherseits gefördert und von der Lehrerschaft größtenteils abgelehnt wurde der "Arbeitsunterricht", bei dem sich die Schülerinnen z.B. Geschichte aus schriftlichen Quellen selbst erarbeiten sollten. Zwischen den Jahren 1922 und 1924 wurde die neu aufgebaute Oberstufe auf Beschluss des Rates wieder beseitigt und der Gleichberechtigung mit der höheren Schule für Jungen ein Stein in den Weg gelegt. Grund hierfür waren Sparmaßnahmen der Stadt und die Umstellung der Lehrerinnenausbildung, die von den Schulen in Seminare verlagert wurde. Andere Städte reagierten auf die neue Gesetzeslage mit der Einrichtung eines "Oberlyzeums neuen Typs", an dem die Mädchen mit dem Abitur nunmehr die Allgemeine Hochschulreife erlangten, und nicht mehr nur, wie bisher, die Berechtigung zur Lehrtätigkeit an Höheren Mädchenschulen. In Hameln dagegen mußten Mädchen, die Abitur machen wollten, ihre Aufnahme am Jungengymnasium beantragen, was in einigen Fällen genehmigt wurde. 1925 wurden die Übungsklassen und die Lehrerinnenausbildung alten Typs endgültig abgeschafft. Das nunmehrige "Lyzeum" schloß jetzt mit der "Mittleren Reife" ab. Das bedeutete für das Lehrerkollegium zahlreiche Entlassungen und Versetzungen. Es gab sogar Pläne, die Lyzeen ganz abzuschaffen, da die Mittlere Reife auch von den Mittelschulen angeboten wurde. Die Elternschaft, der nur übrig blieb, ihre Töchter zum Gymnasium - der Jungenschule - zu schicken, und die Lehrer kämpften allerdings dagegen und so wurde 1927 die Abschaffung der Oberstufe zurückgenommen und unsere Schule wurde zum "Oberlyzeum neuen Stils". Schon 1927 wurde die neue "Obersekunda" eingerichtet. Eine Lehrerinnenausbildung fand hier allerdings nicht mehr statt. Das Lehrerkollegium litt auch nach dem Wiederaufbau der Oberstufe unter den von der preußischen Regierung in der Zeit der Wirtschaftskrise ab 1929 angeordneten Sparmaßnahmen. Neben drastischen Gehaltskürzungen drohte auch Stellenabbau und Entlassungen. Die soziale Not der Krisenjahre traf auch die Familien vieler Schülerinnen, die sich das Schulgeld nicht mehr leisten konnten. 1931 fanden dann die ersten Abiturprüfungen statt. Zum ersten Abiturjahrgang gehörte auch Ilse Behrens, die spätere langjährige Direktorin der Schule (1954-1975). Der Unterricht sollte jetzt in der Oberstufe wissenschaftlichen Anforderungen genügen und auf das Hochschulstudium vorbereiten. Es entstanden daher moderne naturwissen-schaftliche Fachräume.

Im Jahr 1926 wurde der "Ruderverein des Oberlyzeums" (RVO) gegründet, der ein eigenes Bootshaus an der Weser hatte. Im Sommer nahmen zahlreiche Schülerinnen unter Leitung der "Protektorin" des Vereins, der Lehrerin Gertrud Fischer, am Rudern teil. Im Winter wurde Hockey gespielt. Später ging der RVO im "Ruderverein der Hamelner Gymnasien "RVGH" auf.

Auf dem Klüt fanden im Sommer regelmäßig Schulfeste mit Tanz und Theater statt. Im August nahm die ganze Schule in der "Hindenburg-Kampfbahn", dem späteren Bürgergarten an den "Reichsjugendwettkämpfen", dem Vorläufer der "Bundesjugendspiele", teil. In den Sommerferien dienten einige Räume der Schule in dieser Zeit als Jugendherberge. Das Ende der Demokratie kündigte sich im Schulleben bei der Abiturfeier 1932 an, als eine Schülerin eine Werberede für den BDM, die Jugendorganisation der Nazis für Mädchen, hielt. Direktor Spanuth unterbrach die Rednerin und beendete die Rede.